In letzter Zeit lesen wir wieder gehäuft von Übergriffen auf Läuferinnen. Gerade in der lichtarmen Jahreszeit beschleicht uns oft ein unsicheres Gefühl, wenn wir notgedrungener Weise vermehrt in der Dunkelheit laufen.
Übergriffe auf Joggerinnen passieren immer häufiger. Zu diesem Thema habe ich mir Franziska Tkavc von der Kriminalpolizei Wien als Gast in meinen Podcast geholt.
Sie ist in der Fachbereichsleitung Kinderschutz, kommt aus der Gewaltprävention, arbeitet mit sexuell missbrauchten Kindern und ist für die Sicherheit im öffentlichen Raum zuständig.
Wie schütze ich mich als Frau beim Laufen in der Dunkelheit?
Worauf muss ich achten, wenn ich in der Dunkelheit laufen gehe?
Welche Örtlichkeiten sind sicher und welche nicht?
Darauf gibt es keine wirklich gute Antwort. Es ist hilfreich, seinen Fokus auf der Laufstrecke zu haben. Dabei kann man sich folgende Fragen stellen:
Ist diese zu dunkel, nicht gut beleuchtet oder zu ländlich abgelegen? Kann ich in der dunklen Jahreszeit vielleicht mit einer Lauf-Community joggen oder nehme ich lieber eine andere Laufstrecke? Wenn ich eine andere Laufstrecke nehme, welche Möglichkeiten habe ich dann?
Parkplätze von Supermärkten oder die Stadt selbst sind zum Beispiel gut geeignet, denn sie sind beleuchtet. Außerdem ist es wichtig, seine Aufmerksamkeit zu sensibilisieren und seine Umgebung wahrzunehmen. Dazu gehört natürlich, dass die Kopfhörer beim Laufen in der Dunkelheit weggelassen werden, damit du Geräusche aus der Umgebung rechtzeitig hörst.
Wichtig ist auch, dass du dich bei deiner Entscheidung nicht geißelst. Hör auf dein Bauchgefühl und schau, womit du dich wohlfühlst. Unterwegs zu sein ist aber auf jeden Fall besser, als auf dem Sofa zu sitzen. Franziska sagt zusammenfassend, dass es schlussendlich kein Gebiet gibt, was für Laufen in der Dunkelheit wirklich sicher oder wirklich unsicher ist.
Was kann ich zur Abwehr beim Laufen in der Dunkelheit mitnehmen?
Um im entscheidenden Moment auf sich aufmerksam machen zu können oder sich verteidigen zu können, gibt es ein paar Möglichkeiten. Du kannst Trillerpfeifen, Pfeffersprays und sogenannte Handalarmgeräte nutzen.
Trillerpfeifen haben den Nachteil, dass du im entscheidenden Moment noch ausreichend Luft zum Pfeifen haben musst, um mit entsprechender Lautstärke auf dich aufmerksam machen zu können.
Handalarmgeräte dagegen geben ein unangenehmes akustisches Signal ab. Sie sind praktisch und können leicht mit sich herumgetragen werden. Diese Helfer sind dazu da, den Gegner in einer brenzligen Situation durch ein akustisches Signal als Überraschungseffekt aus der Façon zu bringen. Es gibt sie in Waffengeschäften zu kaufen und sie kosten etwa 25 Euro.
Den Einsatz von Pfeffersprays sollte man sich gut überlegen und abwägen. Zunächst sollte man dazu wissen, dass es eine mannstoppende Waffe ist, die den Gegner außer Gefecht setzen soll. Sie ist in Österreich erlaubt und kann ab 18 Jahren verwendet werden.
Den Umgang mit dem Pfefferspray solltest du aber vorher geübt haben, damit du weißt, was beim Einsatz dieses Sprays passiert. Dafür gibt es Kurse, die du besuchen kannst. Anbieter von Selbstverteidigungskursen decken solche Kurse mit ab.
Was du beim Laufen in der Dunkelheit mit dir führst, bleibt dir am Ende natürlich selbst überlassen. Denn das womit du dich wohlfühlst, ist genau richtig.
Wie kann ich mich beim Laufen in der Dunkelheit selbst verteidigen?
Du solltest dir vor Augen führen, dass Selbstverteidigung nicht erst beim Körpereinsatz anfängt. Selbstverteidigung setzt in dem Moment schon an, wenn du dir Gedanken darüber machst, was dir Angst bereitet und wie du diese umgehen kannst.
Dazu gehört auch, dass du über Sicherheitsinseln auf der Strecke nachdenkst, wenn du deine Laufstrecke generierst. Liegt zum Beispiel eine Tankstelle oder ein Imbissstand auf dem Weg? Könntest du im Falle eines Falles schnell zur nächsten belebten Stelle sprinten, um unter Menschen zu sein?
Wichtig ist auch, dass du kleinere Übungen in den Alltag einbaust und regelmäßig einen Status quo hinsichtlich deiner Angst machst. Was genau ist es, was dir gerade Angst macht? Sind es Bilder in deinem Kopf oder wurden von anderer Seite Ängste geschürt? Die Haltung in bestimmten Situationen zu wahren kann ebenso gut in den Alltag eingebaut werden; also auch mal gezielt „NEIN“ zu sagen oder aber auch eine aufrechte Körperpräsenz im entscheidenden Moment einzunehmen.
Wenn der schlimmste Fall passiert…
Was, wenn wirklich jemand aus dem Gebüsch kommt und dich packt? Franziska rät in so einem Fall, dass sowohl Geübte als auch Ungeübte alles einsetzen sollten, was ihnen zur Verfügung steht. Singen, Spucken, Kratzen, Beißen, um sich schlagen und mit den Händen rumfuchteln – alles ist erlaubt!
Die Hauptsache ist, dass du in dieser Situation aktiv und laut bist und bleibst und atmest. Nimm nicht die Opferhaltung ein, sei aktiv! Und bitte denk nicht darüber nach, wie du in dem Moment ausschaust beim Spucken, Kratzen und Beißen oder dem Singen. Um darüber nachzudenken, ist das wirklich nicht der rechte Zeitpunkt.
Was bringen Selbstverteidigungskurse?
Einen 100%igen Schutz gibt es nicht. Selbstverteidigungskurse können aber eine sehr gute Unterstützung sein. Durch sie fühlst du dich sicherer und kannst im entscheidenden Moment schneller handlungsfähig sein. Ein solcher Kurs kann bewirken, dass du durch die Übungen die sogenannte Schockstarre schneller überwinden kannst.
Wir räumen mit den Mythen auf
Mythos Nummer eins: Der Schlüssel, den man während des Joggens in der Hand hält, um Männer an der „empfindlichen Stelle“ zu treffen, wenn es denn sein muss! Franziska betont, dass man darüber intensiv nachdenken sollte, ob man den Schlüssel so mit sich trägt. Der Schlüssel könnte zum einen unterwegs verloren gehen und was passiert, wenn du nicht die empfindliche Stelle triffst und der Täter nimmt dir im Handgemenge deinen Schlüssel ab? Bedenke, dass dieser Schlüssel dein privates Reich und dein privater Rückzugsort ist.
Ein weiterer Mythos ist, dass viele Frauen davon ausgehen, sie wären gefährdeter, weil sie klein sind. Ich bin auch klein, aber dafür laut. Auch kleine Frauen können sich wehren. Weiterhin ist auch wichtig, dass du als Jogger gesehen wirst. Vermeide in der dunklen Jahreszeit dunkle Joggingkleidung. Reflektierende Sachen, auffällige Farben wie z.B. Orange sind ratsam. Trage gerne auch eine Stirnlampe um besser gesehen zu werden und um besser zu sehen.
Was gibt Franziska uns Frauen noch mit auf den Weg?
„Jede Frau ist einzigartig und stark. Glaub an dich und hör auf, dich mit anderen zu vergleichen. Du bist so gut, wie du bist!“
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